Was ist das medizinische Gespräch?
Das medizinische Gespräch ist ein zentraler Bestandteil der Medizinisch-Psychologischen Untersuchung (MPU). Es wird von einemr **Verkehrsmedizinerin** geführt und dient der Beurteilung, ob aus medizinischer Sicht gesundheitliche oder substanzbezogene Bedenken gegen deine Fahreignung bestehen.
Dabei geht es nicht nur um Laborwerte, sondern auch um deine körperliche und psychische Verfassung, dein Konsumverhalten in der Vergangenheit und die Glaubwürdigkeit deiner Angaben zu Veränderungen.
Wann findet das medizinische Gespräch statt?
Das medizinische Gespräch findet am Tag der MPU statt, in der Regel vor oder nach dem Reaktionstest, aber vor dem psychologischen Gespräch. Es dauert meist etwa 20 bis 40 Minuten, bei komplexen Fällen auch etwas länger.
Welche Inhalte werden besprochen?
1. Medizinische Vorgeschichte
Zu Beginn fragt derdie Gutachterin nach:
- Relevanten Vorerkrankungen (z. B. Leber, Psyche, neurologische Beschwerden)
- Medikamenteneinnahme (z. B. Antidepressiva, Schmerzmittel, Beruhigungsmittel)
- Krankenhausaufenthalten oder Behandlungen
- Psychischen Belastungen oder Störungen
Dabei geht es weniger um allgemeine Beschwerden, sondern gezielt um Umstände, die die Fahreignung beeinflussen könnten.
2. Substanzbezogene Anamnese
Dieser Punkt ist besonders wichtig bei MPU-Anlässen wie Alkohol, Drogen oder Medikamentenmissbrauch.
Alkohol-MPU
Derdie Verkehrsmedizinerin fragt u. a.:
- Wie lange und wie viel Alkohol wurde konsumiert?
- Gab es Kontrollverlust, Ausraster, Unfälle?
- Wurde eine Abstinenz begonnen? Seit wann?
- Wie wurde sie dokumentiert (z. B. EtG-Screenings)?
- Wurde ggf. auf kontrolliertes Trinken umgestellt?
Drogen-MPU
Bei früherem Drogenkonsum werden folgende Fragen gestellt:
- Welche Substanzen? Wie häufig? In welchen Situationen?
- Gab es Mischkonsum?
- Liegt eine belegbare Abstinenz (z. B. Haaranalysen, Urinscreenings) vor?
- Gab es Therapie, Selbsthilfe oder andere Maßnahmen zur Veränderung?
Medikamenten-MPU
Wenn Medikamente (z. B. Benzodiazepine, Schmerzmittel) ein MPU-Anlass waren, geht es um:
- Verordnung durch Ärzt*in oder Selbstmedikation?
- Einnahmedauer und Dosis
- Abhängigkeit oder missbräuchlicher Gebrauch
- Entzug oder Umstellung auf fahreignungskompatible Medikamente
3. Laborwerte und Nachweise
Der medizinische Teil schließt die Bewertung der vorliegenden Nachweise mit ein:
- Abstinenznachweise (z. B. Urin, Haaranalyse, EtG)
- Leberwerte (Gamma-GT, GPT, GOT, CDT bei Alkoholauffälligkeit)
- Bei Drogen: Screenings auf THC, Kokain, Amphetamine, Opiate etc.
Derdie Gutachterin beurteilt, ob die Nachweise:
- zum Konsumverhalten passen
- vollständig und korrekt durchgeführt wurden
- den Anforderungen an Qualität und Dauer genügen (z. B. 6 oder 12 Monate Abstinenz)
Welche Rolle spielt das medizinische Gespräch im MPU-Gutachten?
Das Ergebnis des medizinischen Gesprächs ist ein entscheidender Teil des Gutachtens. Es wird nicht isoliert betrachtet, sondern im Zusammenspiel mit dem psychologischen Gespräch, dem Leistungstest und den eingereichten Dokumenten.
Ein positives medizinisches Ergebnis bestätigt, dass aus gesundheitlicher Sicht:
- keine Hinweise auf Substanzabhängigkeit oder Rückfallrisiko vorliegen
- keine neurologischen oder psychischen Einschränkungen bestehen
- körperliche Faktoren (z. B. Sehstärke, Reaktionsfähigkeit) ausreichend gegeben sind
Ein negatives Ergebnis kann zum Scheitern der MPU führen – auch dann, wenn das psychologische Gespräch erfolgreich war.
Wie kann ich mich auf das medizinische Gespräch vorbereiten?
1. Ehrliche & konsistente Angaben
Widersprüche zwischen dem, was du medizinisch sagst, und dem, was du später im psychologischen Gespräch angibst, führen schnell zur Ablehnung. Wichtig ist:
- Deine Konsumgeschichte sollte stimmig und nachvollziehbar sein.
- Sprich über Veränderungen realistisch, nicht beschönigend.
- Wenn du Unterstützung (z. B. Therapie) hattest – erwähne sie.
2. Nachweise mitbringen
- Alle Abstinenznachweise (Originale)
- Laborbefunde (Leberwerte, Screening-Ergebnisse)
- Ärztliche Bescheinigungen, Entlassungsbriefe, Rezeptauszüge (sofern relevant)
- Medikamentenverordnungen bei chronischer Einnahme
3. Wissen, worum es geht
Es geht nicht um „Fehler aus der Vergangenheit“, sondern um eine medizinische Einschätzung deiner aktuellen Eignung. Vermeide Ausreden oder Schuldzuweisungen – und bleibe sachlich.
Was, wenn Auffälligkeiten festgestellt werden?
Ein negatives medizinisches Ergebnis kann z. B. entstehen bei:
- Nicht plausiblem Abstinenznachweis (z. B. zu kurze Dauer, fehlende Kontrollen)
- Verheimlichung von Substanzkonsum
- Erhöhten Leberwerten trotz angeblicher Abstinenz
- Psychischer Erkrankung ohne Behandlung
- Medikamentenabhängigkeit oder Mischkonsum
In solchen Fällen kann das Gutachten „nicht geeignet“ lauten – oft mit Empfehlungen, etwa:
- erneute Abstinenz über 12 Monate
- suchttherapeutische Maßnahme
- erneute MPU nach definiertem Zeitraum
Fazit: Das medizinische Gespräch ist mehr als nur ein Pflichttermin
Es bildet die medizinische Grundlage für die Einschätzung deiner Fahreignung. Wer offen, gut vorbereitet und mit nachvollziehbaren Nachweisen erscheint, hat hier meist keine Probleme. Entscheidend ist, dass deine Aussagen, Nachweise und Lebensumstände ein schlüssiges Gesamtbild ergeben.
Wenn du unsicher bist, ob deine Vorbereitung ausreicht oder deine medizinische Akte problematisch sein könnte, lohnt sich eine professionelle Beratung im Vorfeld – beispielsweise durch erfahrene Verkehrspsycholog:innen oder MPU-Coaches.