Relative Fahruntüchtigkeit

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Was bedeutet relative Fahruntüchtigkeit?

Unter relativer Fahruntüchtigkeit versteht man die Situation, in der ein Autofahrer zwar noch unter der absoluten Promillegrenze von 1,1 ‰ liegt, aber bereits deutliche alkoholbedingte Ausfallerscheinungen zeigt. Diese können zum Beispiel unsicheres Fahren, Schlangenlinien, überhöhte Geschwindigkeit, fehlender Sicherheitsabstand oder auch ein verursachter Unfall sein.

Juristisch ist entscheidend: Es gibt keinen festen Promillewert, ab dem die relative Fahruntüchtigkeit greift. Schon ab etwa 0,3 ‰ können die Gerichte von relativer Fahruntüchtigkeit ausgehen, wenn das Fahrverhalten oder andere Umstände auf eine eingeschränkte Fahrtüchtigkeit hinweisen.


Unterschied zur absoluten Fahruntüchtigkeit

Die absolute Fahruntüchtigkeit liegt ab einem Wert von 1,1 ‰ vor. Ab diesem Wert gehen Gerichte davon aus, dass ein sicheres Führen eines Kraftfahrzeugs nicht mehr möglich ist – unabhängig davon, ob ein Fahrer Auffälligkeiten zeigt oder nicht.

Die relative Fahruntüchtigkeit dagegen beginnt bereits bei geringeren Werten. Hier müssen aber zusätzliche Beweise vorliegen: auffälliges Verhalten, Unfall, Zeugenaussagen oder polizeiliche Beobachtungen.

Das bedeutet:

  • Relative Fahruntüchtigkeit = niedriger Promillewert + auffälliges Verhalten
  • Absolute Fahruntüchtigkeit = hoher Promillewert, Verhalten spielt keine Rolle

Ist relative Fahruntüchtigkeit eine Straftat?

Ja. Wer unter Alkoholeinfluss auffällig fährt und dadurch die relative Fahruntüchtigkeit erfüllt, begeht in der Regel eine Straftat nach § 316 StGB (Trunkenheit im Verkehr). Schon ohne Unfall oder konkrete Gefährdung reicht die Kombination aus Alkohol und Fahrfehlern, um strafrechtliche Konsequenzen nach sich zu ziehen.

Die möglichen Folgen sind:

  • Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr
  • Entzug der Fahrerlaubnis und Sperrfrist für die Neuerteilung
  • 3 Punkte im Fahreignungsregister (Flensburg)
  • Anordnung einer MPU, besonders bei wiederholten Auffälligkeiten

Kommt es zusätzlich zu einer Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315c StGB) oder gar zu einem Unfall mit Personenschaden, fallen die Strafen deutlich härter aus.


Beweisanzeichen für relative Fahruntüchtigkeit

Gerichte und Polizei nutzen bestimmte Verhaltensweisen, um relative Fahruntüchtigkeit zu belegen. Dazu gehören:

  • Schlangenlinienfahren oder auffällige Spurwechsel
  • Missachtung von Verkehrsregeln (Rotlicht, Vorfahrt, Stoppschilder)
  • Reaktionsverzögerungen oder unsicheres Bremsen
  • Verursachung von Sach- oder Personenschäden

Diese sogenannten „Ausfallerscheinungen“ sind neben dem Promillewert der entscheidende Faktor. Ohne sie liegt bei Werten unter 1,1 ‰ keine Fahruntüchtigkeit im strafrechtlichen Sinn vor.


Relative Fahruntüchtigkeit und die MPU

Auch wer „nur“ mit 0,5 bis 1,09 ‰ auffällt, aber Fahrfehler macht, riskiert eine MPU. Die Fahrerlaubnisbehörde kann in solchen Fällen Zweifel an der Fahreignung anmelden. Besonders dann, wenn Alkohol bereits mehrfach auffällig wurde oder weitere Faktoren (z. B. Drogenkonsum) hinzukommen.

In der MPU wird der Vorfall genau aufgearbeitet. Betroffene müssen nachvollziehbar erklären, warum sie trotz Alkohol gefahren sind, welche Fehler sie begangen haben und welche Konsequenzen sie daraus gezogen haben. Häufig wird die Frage gestellt: „Wie stellen Sie sicher, dass so etwas nie wieder passiert?“ – hier reicht eine bloße Entschuldigung nicht aus, sondern es wird eine echte Verhaltensänderung erwartet.


Fazit

Relative Fahruntüchtigkeit beginnt in Deutschland bereits bei Werten ab 0,3 ‰, wenn zusätzlich alkoholbedingte Ausfallerscheinungen vorliegen. Im Gegensatz zur absoluten Fahruntüchtigkeit ab 1,1 ‰ ist also nicht nur der Promillewert entscheidend, sondern auch das Verhalten im Straßenverkehr. Sie ist eine Straftat und kann zu Geld- oder Freiheitsstrafen, Führerscheinentzug und einer MPU führen.

Wer seinen Führerschein behalten will, sollte sich bewusst machen: Auch geringe Mengen Alkohol können rechtliche Konsequenzen haben, wenn sie zu Fahrfehlern führen.

Zuletzt aktualisiert am: 19. August 2025