Was ist die Widmark’sche Formel?
Die Widmark’sche Formel ist ein mathematisches Verfahren, mit dem der ungefähre Blutalkoholgehalt (Promillewert) einer Person berechnet wird. Sie geht auf den schwedischen Chemiker Erik M. P. Widmark zurück, der Anfang des 20. Jahrhunderts forschte und die Beziehung zwischen konsumiertem Alkohol, Körpergewicht, Geschlecht und Blutalkoholkonzentration erstmals wissenschaftlich beschrieb.
Die Formel wird bis heute von Polizei, Gerichten und Sachverständigen als Grundlage für die Schätzung des Alkoholgehalts genutzt. Auch im Kontext der Medizinisch-Psychologischen Untersuchung (MPU) spielt sie eine Rolle – etwa, wenn es um die Nachvollziehbarkeit von Trinkmengen, Restalkohol am Folgetag oder Rückfallprognosen geht.
Aufbau und Berechnung
Die Widmark’sche Formel lautet in ihrer Grundform:
Promille = (A / (r × KG)) – (β × t)
- A = aufgenommene Alkoholmenge in Gramm
- r = Reduktionsfaktor (0,7 für Männer, 0,6 für Frauen – individuell schwankend)
- KG = Körpergewicht in Kilogramm
- β = stündlicher Abbauwert (durchschnittlich 0,1–0,2 ‰ pro Stunde)
- t = Zeit in Stunden seit Trinkbeginn
Die Alkoholmenge A in Gramm berechnet sich aus der konsumierten Flüssigkeitsmenge und dem Alkoholgehalt:
Gramm Alkohol = Volumen in Liter × Vol.-% × 0,8
Beispiel:
0,5 Liter Bier mit 5 % vol. → 0,5 × 5 × 0,8 = 2 g Alkohol pro Prozent, also insgesamt 20 g Alkohol.
Wie berechnet man Promille aus der Formel?
Um den eigenen Blutalkoholwert grob zu schätzen, setzt man die Werte Schritt für Schritt in die Formel ein:
- Alkoholmenge ermitteln – Wie viele Gramm reiner Alkohol wurden getrunken?
- Körpergewicht und Reduktionsfaktor einsetzen – Diese bestimmen, wie sich der Alkohol im Körper verteilt.
- Abbau berücksichtigen – Der Körper baut pro Stunde etwa 0,1 bis 0,2 Promille ab, beginnend nach der Aufnahmephase.
- Endwert berechnen – Das Ergebnis gibt den ungefähren Promillewert an.
Ein Beispiel:
Ein Mann (80 kg) trinkt drei 0,5 l Bier à 5 %.
- A = 3 × 20 g = 60 g Alkohol
- r = 0,7
- KG = 80 kg
- β = 0,15
- t = 2 Stunden
Promille = (60 / (0,7 × 80)) – (0,15 × 2)
Promille = (60 / 56) – 0,3 ≈ 1,07 – 0,3 = 0,77 ‰
Grenzen und Ungenauigkeiten
Die Widmark’sche Formel liefert nur Näherungswerte. Individuelle Unterschiede wie Stoffwechselrate, Trinkgeschwindigkeit, Essverhalten, Gesundheitszustand und genetische Faktoren können zu Abweichungen führen. Gerade im juristischen Kontext wird deshalb häufig eine Sicherheitsmarge berücksichtigt.
Für die MPU-Vorbereitung ist es wichtig, zu wissen, dass eine vermeintlich „sichere“ Menge schnell überschritten werden kann und Restalkohol am Morgen nach dem Konsum häufig unterschätzt wird.
Welcher Promillerechner ist der beste?
Im Internet gibt es zahlreiche Promillerechner, die auf der Widmark’schen Formel basieren. Unterschiede bestehen vor allem in der Genauigkeit der Parameter (z. B. genauere Reduktionsfaktoren, Auswahl unterschiedlicher Getränke) und der Benutzerfreundlichkeit.
Seriöse Rechner bieten:
- Auswahl zwischen Mann und Frau mit variablen r-Faktoren
- Berücksichtigung mehrerer Getränkearten
- Eingabe der Trinkdauer
- Deutliche Hinweise auf die Ungenauigkeit der Werte
Für eine realistische Einschätzung sind jedoch auch die besten Online-Rechner kein Ersatz für offizielle Messmethoden wie Atemalkoholtests oder Blutproben. Wer sich auf einen Rechner verlässt, sollte sich immer bewusst sein, dass die tatsächlichen Werte höher oder niedriger ausfallen können – und dass schon geringe Abweichungen rechtliche Konsequenzen haben.
Die Widmark’sche Formel und die MPU
Bei einer MPU nach Alkoholdelikten ist die Trinkmengen- und Restalkoholberechnung ein wichtiger Bestandteil der psychologischen Exploration. Gutachter:innen hinterfragen oft, ob Betroffene realistisch einschätzen können, wie lange Alkohol im Körper bleibt und welche Mengen zu bestimmten Promillewerten führen.
Wer sich auf die MPU vorbereitet, sollte deshalb nicht nur die Formel kennen, sondern auch ihre praktische Anwendung üben:
- realistische Einschätzung der eigenen Konsummengen
- Berechnung von Restalkohol am Folgetag
- Verknüpfung von Promillewerten mit rechtlichen Konsequenzen
Rechtliche Relevanz
Die Widmark’sche Formel dient oft als Grundlage, um rückwirkend Promillewerte zum Tatzeitpunkt zu schätzen, etwa bei Verkehrsunfällen oder Fahrerfluchten. Sie kann sowohl zugunsten als auch zu Ungunsten eines Beschuldigten verwendet werden.
Gerichte und Sachverständige nutzen sie in Verbindung mit Blut- oder Atemalkoholmessungen, um ein vollständiges Bild zu erhalten. Für MPU-Kandidat:innen bedeutet das: Aussagen zum Alkoholkonsum sollten immer konsistent und nachvollziehbar sein – unrealistische Mengenangaben können schnell unglaubwürdig wirken.
Fazit
Die Widmark’sche Formel ist ein nützliches Werkzeug, um den Blutalkoholwert zu schätzen – sowohl für den Alltag als auch im Rahmen der MPU-Vorbereitung. Wer sie versteht und anwenden kann, zeigt nicht nur mathematisches Wissen, sondern vor allem, dass er den Zusammenhang zwischen Trinkmenge, Körpergewicht, Zeit und Alkoholabbau realistisch einschätzt. Dieses Verständnis ist ein wichtiger Schritt hin zu einer positiven MPU.